geschafft, den Funken zu entzünden“, betont er. Doch in dem Moment, in dem sie vor dem aufgehäuften Holz standen, haben der gute Wille und die Vernunft gesiegt. Schließlich wissen sie genau, wie viel Aufwand in eine solche Veranstaltung gesteckt wird. „Wir ha- ben sie stattdessen darauf aufmerksam ge- macht, dass wir es theoretisch unbemerkt ge- schafft hätten.“ Daraufhin haben „Angreifer“ und Bewacher den Abend gemeinsam ver- bracht. „Wir sprechen heute noch darüber, was das für eine grandiose Aktion war“, sagt er und lacht. „Auch das ist eine Tradition unter den Landjugenden.“ Ebenso wie der Versuch, den Maibaum aus den Nachbarorten zu stehlen. Genau das ist den Lenzfriedern vor drei Jahren selbst passiert. Eine Gruppe aus Heiligkreuz hat es geschafft, den Maibaum vom gut bewachten Hof der Familie Forster zu entführen. Dann will es der Brauch, dass er bei einem großen Fest wieder ausgelöst werden muss. Als Lösegeld sozusagen. Ge- meinsame Feste feiern ist ein integraler Be- standteil der Landjugendbewegung. „Aber es geht hier nicht nur ums Saufen“, betont die Vorsitzende. „Auch wenn wir diesen Vorwurf oft genug zu hören bekommen.“ Natürlich gehört zum Erwachsenwerden auch dazu, ab und zu ein bisschen Blödsinn zu machen. „Die Eltern wissen, dass ihre Kinder in der Landjugend gut aufgehoben sind. Wir passen immer aufeinander auf.“ Sie auf Partys und feuchtfröhliche Abende zu reduzieren, würde dem Engage- ment der Gruppen auch nicht gerecht werden. Das Maibaumaufstellen ist neben dem Fun- ken ein weiteres Highlight für die Landju- genden. Dazu gehören zum Beispiel auch Weißwurstfrühstücke für die Gemeinde nach dem Gottesdienst, Blumenteppiche für Fron- leichnam, Seniorenfasching oder die Mitfahr- bänke, die die Lenzfrieder im Rahmen einer Wohltätigkeitsaktion selbst gebaut und in der ganzen Gegend aufgestellt haben. „Die Bänke haben wir den Gemeinden geschenkt.“ In Aktionen wie diesen tritt auch der christliche Gedanke hervor, der hinter der Jugendorganisation steckt. Der kirchliche Bezug ist nicht in jedem Ort ähnlich stark ausgeprägt, jedoch an vielen Stellen noch spürbar. „Wir organisieren zum Beispiel Ju- gendgottesdienste“, sagt Johanna Forster. „Die Eltern wissen, dass ihre Kinder in der Land jugend gut aufgehoben sind. Wir passen immer aufeinander auf.“ Johanna Forster, Vorständin der KLJB Lenzfried „Ohne die Landjugend wäre hier nicht so viel gebo ten. Da würde in der Dorf gemeinschaft etwas fehlen.“ Franziska Weiberg, KLJB Krugzell Was uns bewegt Dennoch ist die Zugehörigkeit zur katholi- schen Kirche keine Voraussetzung, um in der Landjugend aktiv zu sein. VON EINER GENERATION ZUR NÄCHSTEN Die Geschichten füllen eine ganze Nacht am Lagerfeuer. Mit jeder einzelnen wird klarer, worum es den Menschen in der Landjugend eigentlich geht: Auf der einen Seite stehen Tradition und Heimatverbundenheit. Doch viel mehr geht es um die Gemeinschaft, um gegenseitige Unterstützung und Stärkung – eine Art gemeinsames Erwachsenwerden. „Es ist schön zu sehen, wie manche, die am Anfang noch sehr schüchtern waren, aufblü- hen und immer mehr Verantwortung über- nehmen“, sagt Johanna Forster. Die Älteren geben ihr Wissen an die nächste Generation weiter – Fähigkeiten wie Teamarbeit, Organi- sation oder handwerkliche Fertigkeiten. So ist es auch in Krugzell: Sieben jun- ge Frauen der Ortsgruppe stehen am Samstag in aller Frühe in der Backstube einer Bäckerei im Nachbarort. Sie backen die Funkenküchle für den großen Abend. Dafür tauchen sie jetzt Lebkuchen in einen Teig ein. Das Küch- lein wird dann im Fett ausgebacken. Neben- her bereden sie die großen und kleinen Dinge des Lebens. „Das hat sich irgendwann erge- ben, dass wir das hier machen“, erklärt Fabio- la Martin. „Schon lange vor unserer Zeit.“ Die 21-Jährige ist vergleichsweise spät zur Landjugend gestoßen. „Mich hat eine Freun- din mitgenommen, ab dann war ich dabei“, berichtet sie. Für vier aus der Gruppe ist das Backen eine Premiere. Doch die drei anderen sind bereits ein eingespieltes Team. Jeder Griff geht Hand in Hand. Etwa 700 Stück müssen gebacken werden. Rund 500 Menschen erwarten sie später am Abend auf dem Funkenplatz in Krugzell, lassen sich die Küchlein schme- cken, genießen Gemeinschaft und das meter- hohe Funkenfeuer. „Ohne die Landjugend wäre hier nicht so viel geboten“, sagt Franziska Weiberg, langjähriges Mitglied, überzeugt. „Da würde der Dorfgemeinschaft und vor al- lem den jungen Menschen etwas fehlen.“ Gemeinsam mit der gesamten Gruppe ist sie dafür inzwischen seit 14 Stunden auf den Beinen. Genauso wie schon viele Generatio- nen vor ihr. 25 VERWURZELT Es geht um Freund- schaft und Partys, genauso wie um Wohltätiges wie den Seniorenfasching Und so ist es bei vielen anderen auch. Die Landjugenden sind in den Orten tief verwur- zelt. „Wir sind damit schon aufgewachsen“, betont Johanna Forster. Andere stoßen im Laufe der Zeit hinzu, auch Zugezogene. „Vor Kurzem haben sich zwei über Instagram gemeldet und gefragt, wie sie bei uns mit- machen können.“ Darüber freut sich die Vor sitzende, die viel Liebe in die Pflege der Social-Media-Kanäle steckt. Das zahlt sich aus. Seit ein paar Jahren wird die Gruppe immer größer und bekannter. Sie ist von 20 auf 40 Personen angewachsen. Der zentrale Anlaufpunkt ist der ge- meinsame Stammtisch, der jeden zweiten Ein Massenphänomen Die Katholische Landjugend- bewegung (KLJB) wurde 1947 gegründet und ist einer der größ- ten Jugendverbände in Deutsch- land. Es gibt mehr als 1.900 Orts- gruppen in Deutschland, mit rund 70.000 Mitgliedern, meist junge Menschen zwischen 14 und 29 Jahren. Allein 19 Ortsgruppen zählt die Region Kempten. Die Landjugend engagiert sich besonders für die Interessen der jungen Menschen in ländlichen Räumen. Das bedeutet, das Leben in ihrem persönlichen Umfeld aktiv mitzugestalten. Auch christliche Werte spielen dabei eine Rolle. Es ist jedoch keine Voraussetzung, Mitglied der katholischen Kirche zu sein. 24 Freitag stattfindet. Das Motto dafür lautet: „Wer einmal kommt, der geht nie wieder.“ Zwar ist die Zeit in der Landjugend offiziell irgendwann zu Ende. „Früher war die Regel, sobald man verheiratet ist, ist man zu alt“, erklärt Gabriel Forster, zweiter Vorstand aus Lenzfried und Bruder von Johanna. Da die meisten heutzutage nicht mehr so früh heira- ten, merken sie irgendwann selbst, dass sie nicht mehr zur Jugendbewegung dazugehö- ren. Die Freundschaften kann ihnen ohnehin niemand mehr nehmen. „Der Älteste in unse- rer Gruppe ist 29 Jahre alt“, sagt Gabriel, den alle Gabi nennen. Das heiße jedoch nicht automatisch, dass das die Obergrenze ist. Ei- gentlich sei es eher so: „Einmal Landjugend, immer Landjugend“, erklärt er. Das bedeutet so viel wie: Wer einmal in einer Ortsgruppe dabei war, bleibt dieser auch als Ehemaliger treu verbunden. „Wir können uns immer aufeinander verlassen. Diese Hilfe ist für uns sehr wichtig“, betont Johanna Forster. FUNKENWACHE RUND UM DIE UHR – EHRENSACHE Bei der Funkenwache herrscht ein Kommen und Gehen. Gerade hat die Gruppe Pizza geholt. „Rund um die Uhr muss jemand da sein“, erklärt Gabriel Forster. Denn sonst könnte genau das passieren, was er im vergan- genen Jahr vorhatte. Gemeinsam mit einem der anderen Lenzfrieder ist er nachts in den Nachbarort geschlichen. „Wir hätten es auch t a v i r p , d e i r f z n e L d n e g u d n a L j : s o t o F